Kellogg Insight - Mund-Propaganda
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Entrepreneurship Marketing Mai 1, 2009

Mund-Propaganda

Wie die Mund-Propaganda im Internet den Unternehmenserfolg steigern kann

Based on the research of

Shyam Gopinath

Jacquelyn Thomas

Lakshman Krishnamurthi

Über vieles läßt sich leicht reden, doch wer zuhört, was über sein Produkt erzählt wird, kann daraus eine wertvolle Methode entwickeln, um den eigenen Unternehmenserfolg zu steigern. Jüngste Forschungen belegen, dass ein messbarer Zusammenhang besteht zwischen der Meinung über ein Produkt in Online-Beiträgen und dem wirklichem Kundenverhalten. Der richtige Umgang mit Online-Kommentaren und Informationen kann potenzielle Absatzrückgänge verhindern und ermöglicht eine Feinabstimmung des Firmenmarketings.

Die potenziellen Käufer eines Produktes werden von den bereits vorhandenen Anwendern dieses Produktes beeinflusst, so das Ergebnis der Studie. „Fragt man die Menschen, was ihnen bei der Bewertung eines Produktes am wichtigsten ist, lautet die Antwort: Die Meinung anderer, mir gleichgesinnter Menschen“, so Lakshman Krishnamurthi (A. Montgomery Ward Professor für Marketing an der Kellogg School). Krishnamurthi und seine Kollegen, Shyam Gopinath (Marketing-Doktorand an der Kellogg School) und Jacquelyn Thomas (Assistenzprofessorin für Integrated Marketing Communications an der Medill School of Journalism), untersuchten für die Mobilfunkbranche die Mund-Propaganda. Dabei legten sie den Schwerpunkt auf fünf spezifische Markenmodelle von fünf führenden Mobilfunkunternehmen in den USA. Anhand der Daten eines Online-Forums mit über acht Millionen Beiträgen untersuchten sie die Konversationen einzelner Verfasser im Zeitablauf und analysierten, wie sich der Charakter der Beiträge zum individuellen Kundenverhalten verhielt. Dann erforschten sie den Zusammenhang zwischen dem Charakter von Online-Konversationen und dem Unternehmenserfolg.

Klassifizierung der Meinungen

In einem studienbezogenen Arbeitspapier berichten Krishnamurthi und seine Kollegen, dass der Datensatz anhand von Schlüsselbegriffen erstellt wurde, die in den Beiträgen auftauchten und die Meinung über ein Mobiltelefon oder dessen Anwendung zum Ausdruck brachten.  „Wir ordneten die Kommentare in diesen Beiträgen in drei Kategorien ein. In die eine Kategorie fielen aktionsbasierte Aussagen, wie
„Das werde ich kaufen“. Andere Kommentare drückten wiederum Emotionen aus, z.B. „Ich hasse es“. Die dritte Kategorie umfasste attributbasierte Aussagen, die sich auf die Qualität, also die Funktionsweise des Produktes, beziehen, wie „Der Empfang ist super““. Jede Bewertung kann negativ oder positiv ausfallen.

Der richtige Umgang mit Online-Kommentaren und Informationen kann potenzielle Absatzrückgänge verhindern und ermöglicht eine Feinabstimmung des Firmenmarketings.

Anhand einer eigens entwickelten Software bewerteten die Forscher die Aussagen zu Aktionen, Emotionen oder Attributen auf einer Skala. „Es ist ein bisschen wie bei künstlicher Intelligenz“, so Krishnamurthi. „Sie analysieren die Beiträge zahlreicher Verfasser und achten besonders auf die Wortwahl. Diese Wörter klassifizieren Sie dann, von sehr negativ bis sehr positiv. Die Software ist mit einem Wörterbuch ausgestattet. Werden neue Beiträge erstellt, ordnet die Software diese automatisch auf dieser Skala ein.“

Buzz Action Score
Anhand der Informationen entwickelten die Forscher einen Maßstab auf Kundenebene, der auf aktivem und passivem Kundenverhalten basierte: die sogenannte „Buzz Action Score“ (dt. Mund-Propaganda-Index). Anhand der „Buzz Action Score“ einzelner Verfasser leiteten sie zwei Kriterien auf der Gesamtebene ab: den „Buzz-Index“ und den „Buzz-Share“ (Buzz-Anteil). Anhand der Bewertung dieser Kriterien konnte aufgewiesen werden, in welchem Verhältnis die Mund-Propaganda im Internet zur tatsächlichen Marktentwicklung steht. Abbildung 1 veranschaulicht den konzeptionellen Rahmen des Prozesses. Zunächst gibt ein bestehender Anwender eine Bewertung ab. Dann antwortet ein potenzieller Anwender auf diese Bewertung. Als Ergebnis dieser Online-„Konversation“ erwirbt der potenzielle Käufer das Produkt oder nicht. Die Ergebnisse dieser negativen oder positiven Kaufentscheidungen wirken sich letztendlich auf die Verkaufszahlen des Unternehmens und somit auf dessen Erfolg aus.


OWOM = “Online Word of Mouth” (Mund-Propaganda im Internet)
LKrishnamurthi2009.gif

Translation of image text:

Product usage = Produktverwendung
Evaluation oriented OWOM = Urteilsorientierte OWOM
Attributed related conversations = Attributbezogene Konversationen
Emotions related conversations = Emotionsbezogene Konversationen
Purchase oriented OWOM = Kauforientierte OWOM (Kundenengagement)
Purchase intent related conversations = Konversationen mit Kaufabsicht
Purchase advice related conversations = Konversationen zum Erhalt einer Kaufempfehlung
Firm performance = Unternehmenserfolg
Media = Medien

Aus früheren Studien geht hervor, dass eine relativ kleine Personengruppe einen großen Einfluss auf die Mehrheit ausüben kann. Die Forscher fanden heraus, dass dasselbe für Online-Gemeinschaften gilt. Die einflussreichen Verfasser, die Krishnamurthi und seine Kollegen als „Experten“ bezeichnen, neigen zu einem ausgeprägten Interesse an der Marke, das entweder positiv oder negativ sein kann. Aufgrund dieses ausgeprägten Interesses, ist es wahrscheinlicher, dass sie eine eindeutige Meinung vertreten, die wiederum einen viel größeren Einfluss auf potenzielle Käufer hat als die Meinung eines durchschnittlichen Anwenders.

Marken-Performance
In welcher Relation steht nun dieser Einfluss zur Messung der Marken-Performance?“ „Normalerweise betrachtet man die Umsatzzahlen und das Marketing und versucht herauszufinden, ob das Marketing effektiv war,” so Krisnamurthi. Das Problem von Verkaufsmaßnahmen besteht jedoch darin, dass sie verzögert einsetzen.  Telefonhersteller wissen beispielsweise nur, was sie den Händlern liefern. Die tatsächlichen Verkaufszahlen erfahren sie erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Durch die Beobachtung von Online-Beiträgen kann ein Unternehmen viel früher herausfinden, ob die Verbraucher negativ auf die Marke reagieren. Der Studie zufolge ist der Buzz-Index, ob positiv oder negativ, ein wichtiger Indikator für die Umsatz-entwicklung. „Das Nachverfolgen von Online-Beiträgen hat einen sehr großen Nutzen“, erklärt Krishnamurthi. Wer braucht die Umsatzdaten für das nächste Quartal, wenn Online-Beiträge jetzt zur Verfügung stehen? Diese ermöglichen Unternehmen eine Feinabstimmung ihrer Marketingmaßnahmen, noch bevor ein Umsatzrückgang evident wird.

Ebenso fanden die Forscher heraus, dass die Bedeutung der Attribute und Emotionen bei den unterschiedlichen Marken variiert. „Angenommen, Sie leiten ein Kommunikationsunternehmen und haben verstärkt auf den Coolness-Faktor gesetzt“, sagt Krishnamurthi. „Dann können Sie mit dieser Methode überprüfen, ob Ihr Marketing im Einklang mit den Kundenreaktionen steht.“ Er fügt hinzu, dass die Tatsache, dass die Bedeutung der Attribute und Emotionen bei den Marken unterschiedlich ausfällt, eine große Tragweite hat. „Wenn ich beispielsweise die Marke A bin und Sie besuchen meine Website. Dann werde ich Ihnen unter anderem folgende Frage stellen: „Welche Marke besitzen Sie: A, B oder C?“ Sagen Sie B, dann weiß ich ja, ob Attribute oder Emotionen für Kunden der Marke B wichtig sind, und werde Sie folglich auf einen Bereich meiner Website weiterleiten, in dem meine Produkte auf eine Art präsentiert werden, die Ihnen vielleicht gefällt.“

Die Autoren empfehlen Unternehmen, die Mund-Propaganda im Internet zu beobachten, um „einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen“, und fügen hinzu: „Der mit dem Internet ausgerüstete Verbraucher kann zum größten Aktivposten oder zum größten Albtraum eines Unternehmens werden.”

About the Writer
Beverly A. Caley, JD, is a freelance science writer based in Corvallis, Oregon.
About the Research

Gopinath, Shyam, Jacquelyn Thomas and Lakshman Krishnamurthi (2009). “When Talk Matters—A Study of Online Word of Mouth and Firm Performance.” Working Paper, January, Kellogg School of Management

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