Kellogg Insight - Zusammenarbeit und Kreativität
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Innovation Organizations Strategy Leadership Okt. 1, 2007

Zusammenarbeit und Kreativität

Das Problem der ‘Kleinen Welt’

Based on the research of

Brian Uzzi

Jarrett Spiro

“Wie ist die Welt doch klein!” ist ein häufig gehörter Ausruf bei der Feststellung, dass eine neue Bekanntschaft jemanden kennt, den Sie kennen. Das Phänomen der Kleinen Welt ist so geläufig, dass Wissenschaftler und Forscher, deren Fachgebiet die Netzwerkanalyse ist, ein Phänomen studieren, das sie “Kleine-Welt-Netzwerke” nennen, um die Dynamik verschiedener sozialer Systeme, einschließlich Freundschaften, Unternehmensallianzen, Wissenschaftspartnerschaften, das Internet und Geschäftsproduktionsteams zu erklären.

Brian Uzzi, Professor für Management und Organisation an der Kellogg School of Management wandte in seiner jüngsten Arbeit mit Co-Autor Jarrett Spiro (Stanford University) das Konzept des Kleine-Welt-Netzwerks auf die kreative Welt von Produktionsteams von Broadway-Musicals an. Uzzi und Spiro wollten ihre Theorie testen, welche besagt, dass allgemeine Grundsätze, wie soziale Netzwerke Erfolg zu organisieren und zu steuern vermögen, auf das Studium verschiedener sozialer Systeme angewandt werden können. Ihre Arbeit, die in der Zeitschrift American Journal of Sociology veröffentlicht wurde, ist die erste dieser Art, die Einblick in diese Netzwerke bezüglich deren Leistungs- und Erfolgspotentiale im Vergleich zum Misserfolg gibt. Diese Forschung ist besonders zur Schaffung eines tieferen Verständnisses der Schlüsseleigenschaften und Bedingungen wichtig, die zu verschiedenen Auswirkungen Kleiner-Welt-Netzwerke führen.

“Da sich die Welt von der Vorherrschaft von Organisationen wegbewegt, die Aktivitäten organisieren und den Weg für Freiberufler auch an Orten wie Hollywood und Silicon Valley ebnet,” sagt Uzzi, ” ist es für uns besonders wichtig, verstehen zu können, wie die diese Wirtschaftsformen arbeiten und was ihnen hilft, besser zu werden, wenn sie sich im Laufe der Zeit verändern.”

Als waschechtes Kind von New York City und wegen seiner Liebe zum Broadway interessiert sich Uzzi für die künstlerische Kreativität und das Studium sozialer Netzwerke. “Mein Ziel ist es, den Leuten verständlich zu machen, dass Erfolg nicht nur auf internem Talent und Wissen beruht”, erklärt Uzzi. “Der Erfolg leitet sich teilweise aus Beziehungen zu anderen Leuten ab, die einem Zugang zu Fachwissen und Fähigkeiten ermöglichen, die über die eigenen Grenzen hinausgehen.” Mithilfe dieser beiden Hauptforschungsbereiche, der Analyse sozialer Netzwerke und der Komplexitätstheorie entwickelt Uzzi unter intensiver Beobachtung, “in welchem Maße individuelle Fähigkeiten begrenzt sind und durch das Netzwerk zur Blüte gebracht werden”, ein Modell der Innovation und Kreativität in verschiedenen Industrien.  In anderen Worten: Es geht nicht nur darum was man weiß, sondern auch darum, wen man kennt.

Anstatt das konzeptuelle Rahmenwerks der “Trennung durch sechs Personen” anzuwenden, welches durch die berühmte Studie sozialer Netzwerke von Stanley Milgram aus dem Jahr 1967 bekannt wurde behaupten Uzzi und Spiro, dass die Broadway- Netzwerke eher dem Gesellschaftsspiel “Six degrees of Kevin Bacon” nahe kommen, in welchem die Spieler versuchen, den Schauspieler auf der Basis der Filme in denen sie gemeinsam gespielt haben mit anderen Schauspielern in Verbindung zu bringen. Die Produktion eines Broadway-Musicals erfordert sechs hauptsächliche freischaffende Produktionsfachleute: einen Komponisten, einen Texter, einen Librettisten, der Handlung und Dialog schreibt, einen Choreographen, einen Direktor und einen Produzenten. Diese Personen arbeiten als Teams, die oft zusammen an mehreren Shows tätig sind und dienen sich untereinander als professionelle Netzwerke. Wie Uzzi und Spiro zeigen, steuern diese Kleine-Welt-Netzwerke oder Teams das Verhalten, welches den Grad der Vernetzung und der Verstrickung unter den sozialen Akteuren prägt.

Ihrer Ansicht nach beruht der Erfolg neuer Musical-Produktionen im 20. Jh. auf zwei Schlüsselparametern: Der Anteil frischen Bluts im Gegensatz zu den Veteranen der Industrie und der Grad bis zu welchem Leiter ihre ehemaligen Mitarbeiter einbinden und als Mittler für Neukombinationen von Produktionsteams wirken. Der Erfolg einer Musical-Produktion ist in erster Linie vom Team und erst in zweiter Linie von den einzelnen Personen abhängig; aus dieser Tatsache ergeben sich neue methodologische Fragen zur Art des Studiums solcher gemeinschaftlicher Netzwerke und erfolgreicher Innovation.

Zwecks Test ihres Modells und dessen theoretischen Hypothesen studierten Uzzi und Spiro ein Datenmuster bestehend aus 2.092 Personen, die im Zeitraum von 1945 bis 1989 an 474 Musicals mitgewirkt hatten. Unter der Zugrundelegung, dass Menschen, die an Musicals mitwirken in dichten und überlappenden Gruppen oder Ansammlungen interagieren und die sozialen Bindungen sich im Laufe der Zeit wiederholen, wandte ihr statistisches Modell neue Methoden zur Prüfung Kleiner-Welt-Netzwerke an. Ihre Analyse suchte auch nach alternativen Faktoren, welche den Erfolg einer Show beeinflussen, einschließlich Talent, wirtschaftlicher und geographischer Bedingungen und Künstlern, die während längerer Zeit inaktiv gewesen waren. Sie schlossen auch seltene Daten zu neunundvierzig Musicals ein, die in der Vorproduktion stecken geblieben waren. Misserfolgsdaten sind Forschern oft unzugänglich, welche Netzwerke studieren und verringern die Möglichkeit der spezifischen Ausrichtung in deren Analysen. Uzzi und Spiro maßen den Erfolg oder Misserfolg einer Show auf der Basis des goldenen Standards der Industrie: Kritikerrezensionen und auf Grund des Kriteriums des finanziellen Erfolgs einer Produktion (ob sie ihre Kosten einzuspielen vermochte). Wie Uzzi und Spiro zeigen, ermöglichen diese ineinander verstrickten Netzwerke die Mischung und Durchmengung der spezialisierten Ressourcen von Teams, eine Tatsache, die der Kreativität und der Innovation bei der Produktion neuer Musical-Hits Vorschub zu leisten vermag.

Wie die Forscher jedoch bemängeln können Kleine Welten sich zu stark isolieren. Uzzi und Spiro lernten aus ihrer statistischen Analyse, dass die Kleine-Welt-Netzwerke, die sowohl auf künstlerischer als auch finanzieller Ebene zum Erfolg oder Misserfolg von Broadway-Musicals beitragen eine parabolische Wirkung und einen “Scheitelpunkt” haben, nach dessen Überschreitung die Kleine-Welt-Netzwerke der Muscial-Produktion zu stark verstrickt sind. In solchen Fällen stehen die Netzwerke in der Verantwortung im Bereich Innovation und Zusammenarbeit, wo die Schaffung neuer und erfolgreicher Musical-Hits nicht mehr möglich ist. In anderen Worten, ein Übermaß an Kleiner Welt kann die tatsächlich darauf entstehenden Vorzüge wegen einer Verringerung der Fähigkeit des Künstlers innovativ zu sein und mit Konventionen zu brechen deutlich schmälern.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse bemerkte Uzzi: “Diese Arbeit zeigt, dass bei Beobachtung einer talentierten Person offensichtlich wird, wie deren Talent auf Grund Ihrer Beziehungen verstärkt oder unterdrückt wird. Wir können weiter zeigen, wie mittelmäßiges Talent durch die Struktur dieser Netzwerke in höherem Maße als bei einem Superstar gesteigert werden kann, obwohl das natürlich auch einem Superstar helfen kann. Der springende Punkt ist, dass alle bessere Leistungen erbringen.”

Uzzi führte eine Folgestudie durch, welche im Dezember 2005 in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde, um die Anwendbarkeit seines Modells auf die Welt der begutachteten wissenschaftlichen Publikationsplattformen zu testen.  Er studierte Artikel und Autoren, die in vier Wissenschaftszweigen publizieren: Sozialpsychologie, Wirtschaftswissenschaften, Ökologie und Astronomie. Er und seine Mitarbeiter fanden auch bei Publikationsplattformen ähnliche Zusammenhänge zwischen den Kleine-Welt-Netzwerken und dem Erfolg. “Wir können jetzt die Frage stellen, ‘Welchem Wissenschaftsbereich wird der große Wurf gelingen?’”, sagte er. Was den Vergleich der verschiedenen Disziplinen besonders interessant machte, war die Tatsache, dass jeder ein anderes Muster der Teamverstrickung aufwies. Bei der Publikation begutachteter Artikeln über Astronomie, erweisen sich kleine Netzwerke auf der Kurve an einem Punkt der hochgradigen Verstrickung am produktivsten, während sich bei der Publikation von Artikeln über Sozialpsychologie die höchste Produktivität am Scheitelpunkt einstellt.

Bezüglich der praktischen Anwendung auf die Geschäftswelt sagte Uzzi: “Diese Informationen zeigen, wer besser oder schlechter arbeitet, wer Geld erwirtschaftet und wer nicht. Das ist in der heutigen Geschäftswelt von großer Wichtigkeit. Unternehmen und Organisation denken in steigendem Maße über ihre Strategien und strategischen Allianzen nach. Unter diesen Gesichtspunkten kommt dem Gedanken an eine Analyse ihrer Netzwerke besondere Bedeutung zu.“

Weitere Texte:

Guimerà, Roger, Brian Uzzi, Jarrett Spiro, and Luís A. Nunes Amaral (2005). “Team Assembly Mechanisms Determine Collaboration Network Structure and Team Performance.” Science 308(5722): 697-702.

Milgram, Stanley (1967). “The Small World.” Psychology Today, 2: 60–67.

Featured Faculty

Richard L. Thomas Professor of Leadership and Organizational Change; Professor of Management and Organizations

About the Writer
Michaela De Soucey, a doctoral student in the Sociology Department at the Weinberg College of Arts and Sciences, Northwestern University.
About the Research

Uzzi, Brian and Jarrett Spiro (2005). “Collaboration and Creativity: The Small World Problem.” American Journal of Sociology 111(2): 447-504.

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