Kellogg Insight - Analyse des Organigramms
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Strategy Organizations Leadership Economics Okt. 1, 2009

Analyse des Organigramms

Was die Unternehmensstruktur aussagt

Based on the research of

David A. Besanko

Pierre Régibeau

Katharine E Rockett

Wenn die Leistungsfähigkeit der Marketingabteilung eines Unternehmens stärker zu dessen Erfolg beiträgt als alle anderen Funktionen, dann könnte die Firma von einem zentralen Marketingbereich profitieren.

Ähnlich wie der Plan eines Architekten kann auch das Organigramm eines Unternehmens tiefe Einblicke in das Innenleben einer Firma gewähren. Manager, Analysten und Berater können anhand der Anzahl der Unternehmensebenen und der Größe der Teams, die den jeweiligen Personen auf dem Diagramm unterstellt sind, mühelos Informationen über die Firmenstruktur ableiten und sogar Rückschlüsse auf die Unternehmenskultur ziehen. Das Studienergebnis von David Besanko (Professor of Management and Strategy an der Kellogg School of Management) und seinen Kollegen Pierre Régibeau und Katharine Rockett (beide von der University of Essex) erlaubt den Schluss, dass man mit der Analyse betrieblicher Organigramme auch viel über die Kompetenzen und die Bereiche eines Unternehmens erfahren kann, insbesondere wo sie einen Wettbewerbsvorteil aufweisen.

Das Studienergebnis erlaubt den Schluss …

Besanko,  Régibeau und Rockett untersuchten  zwei Ansätze,  die von Firmen bei der Organisation ihres Betriebes verfolgt werden. Ein möglicher Unternehmensaufbau ist funktionaler Natur, das bedeutet, dass sich das Unternehmen nach Unternehmensbereichen organisiert, wie z.B. Marketing, Forschung und Entwicklung (F&E) oder Produktion. Im Gegensatz dazu stehen Unternehmen, bei denen die jeweilige Produktpalette ausschlaggebend für die betriebliche Organisation ist, z.B. die Modelle und Fahrzeugtypen eines Automobilunternehmens oder die Marken eines Konsumgüterunternehmens. Die Forscher wandten Wirtschaftstheorien an, um die ökonomischen und organisatorischen Faktoren auszublenden, die beeinflussen, welche Organisationsform für ein Unternehmen profitabler ist.

Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Organisationsformen besteht darin,  wie das Vergütungspaket von Managern ausgestaltet ist. Um Anreize für hohe Leistungen zu schaffen und um das Handeln der Manager auf die Unternehmensziele auszurichten, verknüpfen Firmen deren Vergütung mit messbaren Leistungsindikatoren, wie der Rentabilität oder dem Börsenkurs. Leistungsindikatoren werden jedoch oft von Faktoren bestimmt, die ausserhalb des Einflussbereiches des einzelnen Managers liegen. So kann beispielsweise die Rentabilität eines Unternehmens durch die Marktaktivitäten eines Wettbewerbers oder das makroökonomische Umfeld beeinträchtigt werden, was sich negativ auf die Herstellungskosten oder die Nachfrage auswirkt. Als Folge davon, das Managergehalt an eine Gesamtentwicklung anzuknüpfen, bringt ein Unternehmen eine gewisse Unruhe bzw. einen Unsicherheitsfaktor in das Vergütungspaket des Managers ein. Dementsprechend werden Manager typischerweise Extra- oder Sonderzahlungen (z.B. ein höheres Grundgehalt) einfordern, um das Risiko, das durch die Unsicherheitsfaktoren eingebracht wurde, kompensieren zu können.

Die Produktlinienorganisation1
Der wichtigste Vorteil der Organisation nach Produktgruppen liegt darin, dass es der Firma ermöglicht wird, durch den Vergütungsmechanismus "Pay for Performance" (deutsch: „Leistungsgerechte Bezahlung“) Anreize für ein stärkeres Mitarbeiterengagement zu schaffen. Dieser Mechanismus führt zu einer geringeren Verzerrungals die Mechanismen,  die in einer Organisation nach Funktionen angewendet werden. Dies liegt darin begründet, dass der Beitrag einer Produktlinie zur Rentabilität des Unternehmens leichter zu messen ist, als der Beitrag von Funktionen, wie z.B.  der Personal- oder der Marketingabteilung. Bei der Organisation nach Produktlinien  kann die Vergütung direkt mit dem Ergebnis der Produktlinie verknüpft werden, für die der jeweilige Manager verantwortlich ist. Bei einer Organisation nach Funktionen kann die Vergütung zwar auch an den Erfolg der Produktlinie geknüpft werden, jedoch stehen die Entscheidungen, die im Verantwortungsbereich des Managers liegen,  nicht mehr so stark im Zusammenhang mit den Leistungsindikatoren, auf deren Basis er vergütet wird. Dies führt zu einer höheren „Verzerrung“ in der Vergütung. Infolgedessen verlangen Manager ein höheres Grundgehalt, um diese Risiken auszugleichen. Die Honorierung der Leistungsbereitschaft auf Produktebene verschafft einen Vorteil gegenüber der funktionalen Organisation,  da sie ein anreizorientiertes Vergütungspaket zur Förderung der Managerleistungen ermöglicht.

Die Organisation nach Produktlinien bietet Firmen, für die eine funktionsübergreifende Koordination von entscheidender Bedeutung ist, einen weiteren Vorteil: Da die Entscheidungsstrukturen für alle Funktionen innerhalb eines einzelnen Produktbereiches zusammengeführt werden, können Manager Entscheidungen hinsichtlich der Funktionen besser koordinieren. Die funktionale Organisation schwächt diese Koordination, da die Verantwortung für funktionale Entscheidungen über verschiedene funktionale Einheiten verteilt wird. Ist in den einzelnen Produktlinien des Unternehmens beispielsweise eine enge Koordinierung der Produktions- und Marketingbereiche erforderlich, kann diese leichter umgesetzt werden, wenn jeder Produktbereich über Manager verfügt, die für Produktion und Marketing verantwortlich zeichnen. Dies steht im Gegensatz zu getrennten Produktions- und Marketingbereichen, bei denen die Abteilungsleiter für alle Produktions- und Marketingentscheidungen über die gesamte Produktlinie hinweg verantwortlich sind.

Die Organisation nach Funktionen
Obwohl die Erwägungen hinsichtlich eines anreizorientierten Vergütungspaketes und einer funktionsübergreifenden Koordination stärker für eine Produktlinienorganisation sprechen, könnten andere Faktoren Unternehmen zu einer Organisation nach Funktionen bewegen. Insbesondere asymmetrisch gestaltete Funktionen oder Funktions-/Produktspektren sprechen häufig für eine Organisation nach Funktionen. Wenn beispielsweise die Leistungsfähigkeit der Marketingabteilung eines Unternehmens stärker zu dessen Erfolg beiträgt, als alle anderen Funktionen, dann könnte die Firma von einer funktionalen Organisation mit einem zentralen Marketingbereich profitieren, der für die Marketingentscheidungen hinsichtlich aller Produktlinien des Unternehmens verantwortlich ist. Im Rahmen einer solchen Organisation, könnte ein Unternehmen für seine Marketingleiter besonders attraktive Anreize schaffen, um so die hohen Leistungen im Bereich Marketing zu fördern, die ausschlaggebend für den Erfolg des Unternehmens sind. Gleichzeitig könnten geringere Anreize für Funktionen geschaffen werden, die für den Unternehmenserfolg weniger entscheidend sind.

Die folgende Tabelle veranschaulicht, wie mehrere wichtige ökonomische und organisatorische Faktoren bei der Abwägung zwischen funktionaler Organisation und Produktlinienorganisation zum Tragen kommen.

Faktoren

Auswirkung auf die   Organisationsform

Um   Manager zu hohen Leistungen anzuspornen, wird ein erfolgsorientiertes   Vergütungssystem („Pay for Performance“) benötigt.

Vorteilhaft:  Organisation nach Produktlinie

Für   den Erfolg der Produktlinie ist eine ausgeprägte funktionsübergreifende   Koordination erforderlich.

Vorteilhaft:  Organisation nach Produktlinie

Bestimmte   Funktionen sind besonders wichtig für alle oder einzelne Produktlinien des   Unternehmens.

Vorteilhaft: Organisation nach
Funktionen

Die Autoren der Studie haben auf die Organisationsstruktur von IBM zurückgegriffen, die bis 1990 angewendet wurde, um die Faktoren zu veranschaulichen, die sich nach den Erkenntnissen der Autoren auf die Entscheidung einer Firma für oder gegen eine bestimmte Organisationsform auswirken. Vor 1990 konnte IBM seine Großrechner zu einem 20-30 Prozent höheren Preis verkaufen als seine Wettbewerber. Dieser Wettbewerbsvorteil und der Einfluss der Marke IBM rührte nicht etwa von den ausgezeichneten Fähigkeiten in den Bereichen Produktion, F&E oder Produktentwicklung her, sondern lag vielmehr im legendären Kundendienstnetz des Unternehmens begründet. Aufgrund der ausgezeichneten Leistungen des Unternehmens in einem bestimmten Unternehmensbereich (Kundendienst) und aufgrund der externen Effekte dieses Funktionsbereiches auf andere Produktlinien,  entschied sich IBM für eine funktionale Organisation. Diese setzte sich aus zwei Bereichen zusammen: Einem Marketingbereich, der die IBM-Produkte an Unternehmens- und Regierungskunden in den Vereinigten Staaten vertrieb und für den Kundendienst verantwortlich war; und einem Produktbereich, der für die Entwicklung und Herstellung neuer Produkte zuständig war. Obwohl IBM seine Manager erfolgsorientiert vergütete - was normalerweise für ein nach Produktlinien organisiertes Unternehmen spricht - wurde der potenzielle Nachteil einer funktionalen Organisation durch die Leistungsfähigkeit des Kundendienstes und durch den Wettbewerbsvorteil vieler Produktlinien wieder ausgeglichen.

Die nach Produktlinien gestaltete Organisation birgt wesentliche Vorteile: Unter anderem wird eine präzise Messung und Belohnung von Leistungen ermöglicht und eine funktionsübergreifende Koordination bei der Organisation innerhalb einer Produktlinie erleichtert. Für Unternehmen, deren funktionale Kompetenzen jedoch stark variieren oder die über einen dominanten Funktionsbereich verfügen, kann eine funktionale Organisation größere Vorteile bieten als eine Organisation nach Produktlinien. Wenn Manager, Analysten und Berater die Organisationsstruktur von Unternehmen unter Beachtung dieser funktionalen Differenz oder Dominanz analysieren, können sie nicht nur etwas über Unternehmenskulturen und -hierarchien erfahren, sondern auch über Kompetenzen.

Featured Faculty

IBM Professor of Regulation & Competitive Practices

About the Writer
Matthew Krehbiel graduated from the Kellogg School of Management with an MBA degree in 2008.
About the Research

Besanko, David, Pierre Régibeau, and Katharine E. Rockett. 2005. “A Multi-Task Principal-Agent Approach to Organizational Form.”Journal of Industrial Economics, 53(4): 437-467.

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